Blog "Aircheck"

Was Politik und Radio leider gemeinsam haben – eine große Portion Beliebigkeit

Letztens habe ich per Zufall den Lanz-Talk vom 14. August in der ZDF-Mediathek gesehen. Im Gespräch mit dem neuen Hoffnungsträger und Generalsekretär der SPD Lars Klingbeil, dem Physiker Harald Lensch und der Berliner Politik-Journalistin Claudia Kade ging es u.a. um Beliebigkeit in der Politik. So sagte Kade bei 39.40: „Ich würde eine gewisse Beliebigkeit konstatieren bei den Parteien, die wir so kennen.“ Diese Beliebigkeit führe u.a. dazu, das die Parteien kaum mehr zu unterscheiden seien. Gefördert werde diese Situation noch durch den ewigen Kompromisswillen, der jegliche eindeutige Orientierung für den Bürger schwer mache.

Ich muss sagen, dass mir dabei auch gleich das Radio in den Sinn kam. Denn ist es nicht so, dass durch den Formatierungs-Wahn der 90er und 2000er Jahre Radiosender heutzutage auch kaum noch zu unterscheiden sind. Ok, das ist sicherlich eine zum Teil auch sehr pauschale Aussage – gibt es doch großartige Moderatorinnen und Moderatoren, die vielerorts den Unterschied ausmachen.

Klammern wir diese aber mal aus, findet sich doch (leider) einiges an Beliebigkeit. Wie wäre es z.B. mit der Musikauswahl – Hoch lebe das klassische AC-Format. Oder wie sieht es aus mit den Homepages: James Cridland, der Radiofuturologe aus dem fernen Australien, hat erst kürzlich auf radioszene.de die Einfallslosigkeit bei Homepages kritisiert. Dabei wies er gleichzeitig darauf hin, dass die Printkollegen in diesem Bereich deutlich mehr Kreativität zeigten.

Beliebig ist aus meiner Sichtaber auch häufig – und das ist der für mich entscheidende Punkt – die Themenauswahl. Seit dem Aufkommen des Internets haben auch Radiosender die Gatekeeper-Funktion bei Themen verloren – eine ähnliche Entwicklung, mit der sich auch die Zeitungen schon seit Jahren auseinandersetzen. Aber während diese häufig eine Lösung gefunden haben und z.B. neben der klassischen Information vielfach auch auf Orientierung und auf Einordnung von Themen setzen, ist beim Radio nicht viel passiert.

Hier herrscht bei der Themenfindung und Präsentation häufig noch das muntere Ideen-Leben der 90er Jahre: Berichte von Ratssitzungen, Pressekonferenzen und Unfällen gemixt mit Sport, Gewinnspielen und Service, viele KG`s, wenig Haltung und wenig Orientierung. Das führt zu Beliebigkeit – Beliebigkeit in Zeiten, in denen die Hörer bei vielen Themen aber gerade nach einem Meinungskompass suchen.  Was ist z.B. mit den Themen Rente, Pflege, Arbeit in der Zukunft, Ausbildung und Ausbildungsstätten und – recht frisch – der Zustand von Brücken. Wir ahnen, dass bei vielen  vieles im Argen liegt, aber wir fragen uns, wo könnten die Lösungen sein und wer packt sie glaubhaft an – unsere beliebig gewordenen Politiker? Und wer erzählt uns das?

Das Problem, um solche Themen auf zu bröseln und Lösungen zu entdecken, braucht es Personal – mehr Personal. Doch in den wenigsten Sendern bundesweit wird Personal eingestellt, die Tendenz geht doch eher in die andere Richtung. Ein Lösungsansatz könnten Recherche-Netzwerke sein, die Mitarbeiter verschiedener Sender Projekt-bezogen zusammen ziehen und mit ihren Ergebnissen auch mehrere Sender beliefern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht es ja teilweise vor.

Nötig wären solche Kooperationen auf jeden Fall. Denn der Rundfunk kann sich keine (weitere) inhaltliche Beliebigkeit und eine Themenauswahl der 90er Jahre mehr leisten. Das interessiert die Hörer zunehmend weniger. Die wollen von ihrem Sender nicht die Informationen, die sie eh schon aus dem Netz kennen, sie wollen von ihren vertrauten Radiostimmen Einschätzungen und Haltung, um sich selbst zu orientieren.Eine großartige Chance, die nur genutzt werden müsste.

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